Im Jahr 2016 hat Olympus sein Einsteigermodell der E-M10-Serie erneuert. Im Mittelpunkt standen bei der Mark III der 4K-Videomodus und die vereinfachte Bedienung von Spezialfunktionen wie Live Composite oder Mehrfachbelichtungen mit Hilfe des AP-Modus auf dem Programmwahlrad.
Im Gegenzug wurden aber auch einige Funktionen weggelassen, darunter der RC-Blitzmodus, über den sich mit dem Gehäuseblitz externe RC-Blitze per TTL in mehreren Gruppen fernsteuern lassen. Über diese Entscheidung haben sich wohl einige Fotografen beschwert, sodass Olympus die RC-Funktion mit dem Firmware-Update 1.1 vom Mai 2018 wieder in die E-M10 Mark III integriert hatte – sie ist nun auch in der Mark IV vorhanden.
Ergonomischer Griff und 3-Zoll-Monitor
Äußerlich scheint sich bei der Mark IV auf den ersten Blick kaum etwas geändert zu haben. Nimmt man die Kamera in die Hand, fällt aber auf, dass der Griff etwas ergonomischer geformt ist und auch das Gewicht ist knapp 30 Gramm niedriger.
Der zweite Unterschied zeigt sich beim 3,0-Zoll-Monitor. Dieser lässt sich nun nämlich um 180 Grad nach unten klappen und somit auch für Selbstaufnahmen aus der Hand nutzen. Beim Stativeinsatz ist allerdings der Stativkopf im Weg – hierfür müsste sich der Fotograf oder Filmer mit einer Schiene behelfen und die Kamera seitlich neben dem Stativ positionieren. Keine Veränderungen gibt es beim Sucher: Er hat eine für diese Preisklasse angemessene Vergrößerung 1,23x (0,62x im Vergleich zum Kleinbild) und Auflösung (2,36 Mio. Punkte).
Die kompakten Abmessungen der E-M10 Mark IV machen einige Kompromisse bei der Bedienung unumgänglich. So drängen sich auf dem kleinen Gehäuse die Bedienelemente und vor allem das vordere Einstellrad kann sich leicht versehentlich verstellen. Standardmäßig liegt hier die Belichtungskorrektur, diese lässt sich aber auch auf das hintere Einstellrad verlagern, das sich nicht ganz so leicht verstellt. Für einen Joystick war auf der Rückseite kein Platz mehr. Das AF-Messfeld lässt sich aber – auch im Sucherbetrieb – auf dem Touchscreen verschieben.
20-Mexapixel-Sensor und Gesichtserkennung im Profil
Die wichtigste technische Neuerung der E-M10 Mark IV dürfte wohl der 20-Megapixel-Sensor ohne Tiefpassfilter sein, der sich nun in allen OM-D-Modellen findet. Unterschiede gibt es primär beim Autofokus. Während die höherwertigen Kameras ab der OM-D E-M5 Mark III Phasen-Detektionspixel auf dem Bildsensor integrieren, setzt die E-M10 Mark III auf einen reinen Kontrast-Autofokus, was sich bei der geringeren Serienbildfrequenz mit Fokusnachführung bemerkbar macht.
Die Algorithmen des Autofokus hat Olympus überarbeitet, sodass die Gesichtserkennung nun auch bei Gesichtern im Profil mit Blick nach unten funktioniert. Eine Augenerkennung gab es schon bei der Mark III. Eine weitere leichte Verbesserung gibt es beim kamerainternen Bildstabilisator (IBIS), der gemessen nach CIPA-Standard 4,5 statt 4 Blendenstufen kompensiert.
Im Gegensatz zu den höherwertigen Kameras steht kein Sync-IS zur Verfügung, also keine Kombination aus IBIS und Objektiv-Stabilisator. Im Test mit dem M.Zuiko Digital 1,8/45 mm gelangen uns zuverlässig scharfe Aufnahmen aus der Hand mit 1/13 s, in Ausnahmefällen auch etwas länger.
Premiere in einer OM-D-Kamera hat der Schwenkpanorama-Modus. Eine weitere Ausstattungslücke schließt Olympus mit der USB-Ladefunktion; dass im Gegenzug keine Ladeschale mehr mitgeliefert wir, gibt allerdings einen Punktabzug. Die Akkulaufzeit, gemessen nach CIPA-Standard, hat sich gegenüber der Mark III übrigens leicht verbessert von 330 auf 360 Aufnahmen. Eine kleine Neuerung gibt es auch bei den Artfiltern: Hinzugekommen ist der Filter „Sofortbild“.
Faszinierend: die Live Composite-Funktion
Beim Video hat sich nichts geändert. Die E-M10 Mark IV nimmt wie ihre Vorgängerin 4K (3840 x 2160 Pixel) mit 30p, 25p oder 24p auf – erfreulicherweise ohne Crop, also mit vollem Weitwinkel. Erst der zuschaltbare elektronische Bildstabilisator verengt den Bildwinkel. Zeitlupen mit 120 fps sind mit kleiner HD-Auflösung möglich (1280 x 720 Pixel). Vermissen könnten Filmer einen Mikrofoneingang.
Der mechanische Verschluss ist wie gehabt für 1/4000 s ausgelegt, der lautlose elektronische Verschluss kann die Zeit bis auf 1/16.000 s verkürzen. Ungewöhnlich ist, dass man mit E-Verschluss auch blitzen kann – allerdings mit einer kürzesten Verschlusszeit von 1/20 s.
Besonders faszinierend ist immer wieder die Live Composite-Funktion, bei der mehrere Belichtungen kombiniert und nur neue Lichter hinzugefügt werden, sodass auch bei minuten- oder stundenlangen Aufnahmen keine Überbelichtung entsteht. Zu den weiteren besonderen Ausstattungsmerkmalen gehören Mehrfachbelichtungen, 4K-Intervallaufnahmen, das lautlose Auslösen, der integrierte Raw-Konverter und die Möglichkeit, stürzende Linien in der Kamera zu korrigieren (Keystone-Korrektur).
Laut Olympus erlaubt die App OI.Share nun nicht nur das Auslösen der Kamera per Wi-Fi, sondern auch per Bluetooth, dann aber ohne Live-Bild-Vorschau. Da uns die App zum Testzeitpunkt nicht zur Verfügung stand, konnten wir dies allerdings nicht ausprobieren.
Geschwindigkeit und Bildqualität
Etwas überrascht hat uns im Labortest, dass sich die Auslöseverzögerung mit Autofokus und dem Kitobjektiv 3,5-5,5/14-42 mm EZ gegenüber der E-M10 III leicht von knapp 0,2 auf gut 0,3 s verschlechtert hat. In der Praxis stellte dies aber kein Problem dar. Schneller geworden ist der Serienmodus: Mit elektronischem Verschluss sind nun rund 15 Bilder/s möglich, mit mechanischem Verschluss haben wir 8,8 Bilder/s gemessen.
Allerdings führt die Kamera im schnellsten Serienmodus den Autofokus nicht nach. Mit AF-Nachführung erreicht die OM-D 6,4 Bilder/s (E-Verschluss) bzw. 5 Bilder/s (mechanischer Verschluss). An der Serienbildlänge gibt es nichts auszusetzen: Bei 8,8 Bilder/s haben wir den Test nach über 400 Raws in Folge abgebrochen.
Auch bei der Bildqualität hat sich die Mark IV leicht verbessert, vor allem in den höheren ISO-Werten haben wir eine deutlich höhere Auflösung gemessen. Bis ISO 3200 liegt der Wirkungsgrad über 80 Prozent. Danach verschlechtert sich die Detailzeichnung allerdings deutlich. Bildrauschen und Dynamikumfang haben sich kaum verändert.
FAZIT
Olympus hat sein Einsteigermodell sinnvoll weiterentwickelt. Die Kamera bietet ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, wobei die nur wenig schlechtere Vorgängerin aktuell für 200 Euro weniger zu haben ist und somit den Preis-Tipp erhält. Die Zielgruppe der Vlogger verfehlt Olympus wegen des fehlenden Mikrofonanschlusses knapp – hier dürfte das MFT-Pendant von Panasonic, die Lumix G110, besser ankommen.
> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test.
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 10/2020 erschienen.
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