Pentax 17 vs. Rollei 35 AF: Alles Retro oder was?

Gleich zwei analoge Kleinbildkameras sind neu auf den Markt gekommen. Die Pentax 17 überrascht mit der Wiederentdeckung des Halbformats, die Rollei 35 AF mit der Wiedergeburt eines Klassikers. Wir haben beide getestet und stellen sie gegenüber.

Mit der Rollei 35 AF wurde ein Klassiker der Kleinbildfotografie modernisiert und mit der Pentax 17 kehrt das totgeglaubte Halbformat zurück.

Mit der Rollei 35 AF wurde ein Klassiker der Kleinbildfotografie modernisiert und mit der Pentax 17 kehrt das totgeglaubte Halbformat zurück.

Damian Zimmermann

Analoge Medien erfreuen sich bei der Generation Z einer wachsenden Beliebtheit: Neben Schallplatten und sogar Musikkassetten wird auch die analoge Kleinbildfotografie von jungen, meist urbanen Menschen wiederentdeckt. Die Faszination ist insofern nachvollziehbar, weil 20-Jährige
den Zauber (aber auch den Frust und die Beschränkung) der Fotografie auf Film nie selbst kennengelernt haben.

Diese bereits seit ein paar Jahren andauernde Nostalgie-Begeisterung haben nun die beiden Hersteller Ricoh und Rollei erkannt und den durchaus mutigen Schritt gewagt, im Jahr 2024 mit der Pentax 17 und der Rollei 35 AF neue analoge Kleinbild-Sucherkameras auf den Markt zu bringen. Das Interesse der Zielgruppe darf ihnen damit sicher sein, denn wer aktuell analog fotografieren will, ist im Grunde auf gebrauchte Ware angewiesen, da bereits seit Jahren keine neuen analogen Kameras auf den Markt gebracht werden – wenn man einmal von
den drei Leica-Modellen M6, M-A und MP absieht, die aber mit Preisen zwischen 5.700 und 5.900 Euro alles andere als einstiegsfreundlich sind. Die Rollei 35 AF kostet hingegen „nur“ 849 Euro und die Pentax 17 noch einmal 300 Euro weniger. Beide Sucherkameras konnten wir ausgiebig testen und haben dabei schnell festgestellt: Obwohl beide Modelle klassische Kleinbildfilme benutzen, sind sie doch sehr unterschiedlich
in der Technik, der Tradition und den Einstellungsmöglichkeiten.

Die Pentax 17

Die analoge Halbformatkamera Pentax 17

Die analoge Halbformatkamera Pentax 17.

Ricoh

So ist die Pentax 17 eine Halbformatkamera, die speziell für das Hochformat von Smartphone-Fotos entwickelt wurde. Sie belichtet pro Aufnahme nur die Hälfte eines Kleinbildfilms, sodass auf einem klassischen Kleinbildnegativ zwei Bilder im Format 17 mm x 24 mm entstehen – daher der Name Pentax 17. Dadurch verdoppelt sich die Anzahl der Aufnahmen pro Film auf bis zu 72 Bilder, was bei den heutigen Filmpreisen durchaus inte-
ressant ist. Allerdings geht dies zu Lasten der Bildqualität, da nur noch die Hälfte des typischen Kleinbildnegativs für die Aufnahme zur Verfügung steht. Und auch hier gilt: Je kleiner die Fläche des Sensors oder des Negativs, desto schlechter die Bildqualität.

Die Idee der Halbformat-Kamera ist nicht neu. Bereits in den 1960er Jahren erlebte das Konzept mit der Pen-Serie von Olympus einen Höhepunkt, und auch zahlreiche andere Hersteller boten Halbformat-Modelle an, die jedoch längst in Vergessenheit geraten sind. Dass Ricoh mit der Marke Pentax diese alte Idee wieder aufgreift, spricht grundsätzlich für den japanischen Hersteller, der mit seinen Kameramodellen immer wieder eher ungewöhnliche Wege geht und Sparteninteressen in der Fotografie bedient. Im Fall der Pentax 17 sind das vor allem junge Leute, die zwar analog fotografieren wollen, ihre Bilder aber trotzdem auf Social- Media-Kanälen wie Instagram und Tiktok teilen möchten – und da ist das Hochformat durch die Art der Smartphone-Nutzung Standard und Optimum zugleich. Dass man mit jeder „normalen“ Kleinbildkamera auch im Hoch-
format fotografieren kann – geschenkt.

Ausgestattet ist die Pentax 17 mit einer 3,5/25-mm-Festbrennweite, was 37 mm im Kleinbildformat entspricht. Diese basiert auf der Optik der Pentax Espio Mini aus dem Jahr 1994, die für das kleinere Halbformat optimiert wurde, und verfügt über eine mehrschichtige HD-Vergütung zur Minimierung von Reflexionen. Die Pentax 17 setzt stark auf manuelle Bedienung. So muss der Film manuell transportiert und zurückgespult werden, und die Kamera verfügt über ein Zonenfokussystem mit sechs Modi, die von Nahaufnahmen (Blumen-Piktogramm) bis
Unendlich (Berge-Piktogramm) reichen. Das ist recht abstrakt, aber immerhin sind die konkreten Angaben in Meter und Fuß un-
terhalb des Objektivs angebracht, was in der Praxis etwas umständlich ist. So erfährt man, dass der Makrobereich bei 25 Zentimetern liegt und der unendliche Bereich nach drei Metern beginnt. So oder so: Die Entfernung muss geschätzt werden, was wohl auch der Grund dafür ist, dass die Pentax im Auto-
matikmodus mit Blende 16 und im Programmmodus mit Blende 8 fotografiert – da gibt es noch etwas Spielraum, falls man die Entfernung für den Fokus nicht ganz richtig eingeschätzt hat.

Die Pentax 17 in der Praxis

Mit ihren 535 Gramm ist die Pentax 17 relativ schwer, liegt aber insgesamt sehr gut in der Hand. Dazu trägt auch das Fach für die CR2-Batterie auf der rechten Seite bei, die einen angenehmen Griff ermöglicht. Weniger gut gelöst ist der Hebel für den Filmtransport: Der liegt so nah am Einstellrad für die sieben Aufnahmemodi, dass ich beim Benutzen versehentlich, aber mit großer Regelmäßigkeit die Einstellungen verändert habe. Bei einer Digitalkamera würde das relativ schnell auffallen, bei einer analogen möglicherweise erst nach der Filmentwicklung.

Der Filmtransporthebel liegt so nah am Einstellrad, dass dieses bei unachtsamer Benutzung schnell verstellt wird.

Der Filmtransporthebel liegt so nah am Einstellrad, dass dieses bei unachtsamer Benutzung schnell verstellt wird.

Damian Zimmermann

Das Einlegen des Films in die Pentax 17 ist intuitiv und kinderleicht und sollte auch Anfängern keine Probleme bereiten: Links ins Filmfach kommt die Filmpatrone hinein, dann spannt man den Film über den Verschluss bis zur Wickelspule, sodass zwei Zacken des Rädchens in die Löcher des Films greifen, klappt die Rückwand zu und fertig. Bei meinen zwei Test-Filmen ging das problemlos.

Überhaupt nicht anfreunden konnte ich mich mit den Einstellmöglichkeiten. Die Kamera verfügt über eine Belichtungsautomatik und passt die Verschlusszeit zwischen
1/350 Sekunde und 4 Sekunden den Lichtverhältnissen an. Mit einem Belichtungskorrekturrad können die Aufnahmen um zwei
Blendenstufen über- oder unterbelichtet werden, allerdings lässt sich die Blende selbst nicht gezielt einstellen – mit drei Ausnahmen: Wählt man am Einstellrad „Bokeh“, öffnet sich die Blende auf die größtmögliche Stufe 3,5. Und bei den Einstellungen mit der weißen und gelben Mondsichel sowie mit dem weißen B (für Bulb) wird mit Blende 16 fotografiert. Das ist schön, zeigt aber auch, wer die Zielgruppe dieser Kamera ist: Hipster und Anfänger, die zwar schon mal was von Bokeh gehört haben, aber offensichtlich nicht wissen, wie eine Kamera funktioniert. Die Filmempfindlichkeit muss manuell von 50 bis 3200 ISO eingestellt werden, und im Sucher, der ein sehr klares und angenehmes Bild liefert, gibt es zwei eingeblendete Rahmen
für die Entfernungszonen.

Was hingegen wirklich nervt, ist der Schritt von der Belichtung zum fertigen Foto. Ricoh/Pentax wirbt zwar damit, dass die Filme in jedem Labor, das Kleinbildfilme entwickelt, abgegeben werden können. Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Die meisten Labore können keine Papierabzüge oder Scans von Halbformatnegativen anfertigen, weil ihnen die alten Masken fehlen. In Köln bin ich in vier Fotogeschäften abgewiesen worden – selbst in denen, die die Pentax 17 verkaufen. Lediglich ein kleines Familiengeschäft im Agnesviertel hatte noch die Halbformat-Masken aus vergangenen Zeiten. Die Ergebnisse sehen Sie in diesem Artikel. Wer also mit der Pentax fotografiert, muss sich darauf einstellen, dass er die Negative selbst einscannen muss. Oder aber er lässt immer zwei Bilder gleichzeitig einscannen oder abziehen. Das geht, hat aber den Nachteil, dass dann nicht jedes Fotos individuell behandelt wird: Wenn ein Bild eine Belichtungskorrektur braucht, das andere aber nicht, wird ein Mittelwert gewählt, was bedeutet, dass keines der beiden Bilder richtig belichtet wird.

Die Rollei 35 AF

Die analoge Kleinbildkamera Rollei 35 AF

Die analoge Kleinbildkamera Rollei 35 AF

Rollei

Kommen wir nun zur zweiten Kamera in diesem Praxistest. Die Rollei 35 AF ist eine modernisierte Neuauflage der legendären
Rollei 35 von 1962, der damals kleinsten Kleinbildkamera der Welt. Sie ist gerade einmal 10,4 x 5,6 x 7,5 cm groß und wiegt
242 Gramm. Rollei hat sich für die Produktion mit dem Hongkonger Unternehmen Mint Camera zusammengetan, das sich ursprünglich auf Sofortbildkameras und deren Zubehör
spezialisiert hat. Die neue Rollei 35 AF wird in China hergestellt und orientiert sich stark an der Originalkamera.

Die Kamera verfügt über ein 2,8/35-mm-Objektiv mit fünf Glaselementen (die Original-Rollei 35 hatte ein 40-mm-Objektiv).
Die kleinste Blende ist die 16, und die Kamera verfügt über eine Zeitautomatik, sodass sich die Blende – im Gegensatz zur Pentax
17 – auch manuell einstellen lässt. Der Verschlusszeitbereich reicht von 1 Sekunde bis 1/500 Sekunde mit einem Langzeitmodus von bis zu 60 Sekunden. Auch die Belich-
tungszeit lässt sich manuell einstellen, allerdings gibt es keine Blendenautomatik. Belichtungskorrekturen von zwei Blenden stufen sind auch hier möglich.

Im Gegensatz zum sechs Jahrzehnte alten Original ist in dem neuen Modell ein Blitz integriert, außerdem gibt es einen Selbst-
auslöser. Ein wesentlicher Unterschied zum Original ist der Autofokus, der auf Lidar-Technologie basiert und stufenlos von 70 cm bis unendlich fokussieren kann. Eine manuelle Fokussierung ist nicht möglich. Ein weiteres modernes Element ist ein winziges OLED-Display, das die wichtigsten Informationen wie den Filmzähler, eine Belichtungshilfe, die Filmempfindlichkeitswahl und den Batteriestand anzeigt. Die Kamera wird wie die Pentax auch mit einer klassischen
CR2- Batterie betrieben.

Die Rollei 35 AF in der Praxis

Die Kamera ist klein, aber nicht winzig. Aufgrund ihrer Dicke ist sie keine Kamera, die man gerne in der Hosentasche trägt. Aber
man kann sie dort unterbringen, wenn man sie nicht jedes Mal in eine Tasche stecken will. Wäre da nicht der nervige Objektivdeckel, der bei der kleinsten Berührung abfällt. Wenn man Glück hat, findet man ihn im Rucksack oder in der Hosentasche. Die Wahrscheinlichkeit, dass er nach den ersten
Filmen verlorengeht, ist jedoch sehr hoch.

Beim Filmwechsel muss die Kamerarückwand komplett abgenommen werden. Das macht vor allem das Einlegen noch komplizierter, als es ohnehin schon ist.

Beim Filmwechsel muss die Kamerarückwand komplett abgenommen werden. Das macht vor allem das Einlegen noch komplizierter,
als es ohnehin schon ist.

Damian Zimmermann

Damit kommen wir zum Einlegen des Films – und das ist schlichtweg die Hölle. So einfach, wie es bei der Pentax 17 funktioniert, so umständlich und fehleranfällig ist es bei der Rollei 35 AF. Die Rückwand klappt nicht einfach auf, sondern muss nach unten geschoben und komplett entfernt werden, was dafür sorgt, dass man die Rückwand in der Hand hält und sie irgendwo ablegen muss, weil man ja beide Hände braucht, um den Film einzulegen. Untypischerweise wird die Filmpatrone rechts in die Kamera gelegt und der Film dann über den Verschluss rechts bis
zur Wickelspule gezogen. Das geht aber nicht, ohne vorher die Filmandruckplatte aufzuklappen, die dann wieder über den Film
gelegt wird, damit er auch plan aufliegt. Doch damit nicht genug: Der Film muss zweifach in den Schlitz der Wickelspule eingesteckt werden. Das ist eine mühsame Arbeit, und ich musste sie mehrfach wiederholen, weil es nicht sofort geklappt hat. Ist das aber geschafft, muss die Rückwand wieder eingeschoben und verschlossen werden. Hier braucht man
erneut Geduld, denn das Teil verzeiht keinen Millimeter Ungenauigkeit. Und ist die Wand einmal drin, kann es sein, dass man die Verriegelung auf der Unterseite dennoch nicht schließen kann, weil an irgendeiner Stelle ein halber Millimeter zu viel Spiel ist. Bei meinem ersten Testfilm habe ich dafür mehrere Minuten gebraucht, bei den zwei weiteren immer noch mindestens eine. Genervt habe ich dabei an die einfache und zuverlässige Tech-
nik der Pentax 17 gedacht.

Von oben macht die Rollei 35 AF einen sehr auf­ geräumten Eindruck. Aber musste das OLED­ Display wirklich so klein ausfallen?

Von oben macht die Rollei 35 AF einen sehr auf­ geräumten Eindruck. Aber musste das OLED­ Display wirklich so klein ausfallen?

Damian Zimmermann

Gewöhnungsbedürftig ist auch der Filmtransporthebel, der wegen der Positionierung der Patrone auf der linken Seite der Kamera liegt und dafür sorgt, dass man ihn mit dem linken Daumen bedienen muss. Zudem muss der Hebel um mehr als 180 Grad bewegt werden, was einem durch die Länge des
Hebels ungewöhnlich weit vorkommt. Das OLED-Display zeigt nach jedem Foto die aktuelle Anzahl der gemachten Aufnahmen an. Weil das Display aber so klein ist, dass es nur eine Information anzeigen kann, verschwindet diese Anzeige nach wenigen Sekunden wieder – wer also nicht schnell genug draufschaut oder die Kamera nach längerer Zeit mal wieder in
die Hand nimmt, der weiß nicht, wie viele Fotos bereits gemacht wurden. Besonders nutzerfreundlich ist das jedenfalls nicht.

Pentax 17 versus Rollei 35 AF: Bildqualität

Bei beiden Kameras habe ich mit „Kodak Gold 200“-Filmen fotografiert und die Negative mit 2400 dpi scannen lassen, um eine Vergleichbarkeit herzustellen. Die Bilder beider Kameras versprühen den unperfekten Charme der analogen Fotografie – wie sollte es auch anders sein? Zumindest bei geschlossener Blende sind die Bilder beider Kameras relativ scharf, aber natürlich sind die Fotos nicht mit denen heutiger Digitalkameras zu vergleichen. Auffällig ist die sichtlich schlechtere Bildqualität der Pentax, bedingt durch das Halbformat. Aber auch im Bereich der Motivdurchzeichnung kommt die Pentax nicht an die Qualität der Rollei 35 AF heran, was für eine bessere Belichtungsmessung in der Rollei spricht. Nun stellt sich aber die
Frage, ob es der Zielgruppe der beiden Kameras wirklich auf die Bildqualität ankommt oder ob ein grobes Korn und eine geringere
Zeichnung für diese akzeptabel sind.

Fazit: „Die Pentax macht Spaß, die Rollei ist eher etwas für anspruchsvolle Nostalgiker.“

Es bleibt mir ein Rätsel, warum man im Jahr 2024 549 bzw. 849 Euro für eine analoge Kompaktkamera ausgeben sollte, wenn es auf dem Gebrauchtmarkt noch so viele gute Kameras für einen
Bruchteil des Geldes gibt. Ungeachtet dessen sprechen die Fak-
ten mal für die Rollei, mal für die Pentax: Die Pentax macht Spaß,
und das Halbformat sorgt für Gesprächsstoff. Das Fotografieren
im Hochformat und die doppelt so hohe Bild-Ausbeute machen
sie durchaus attraktiv, das umständliche Handling mit den Nega-
tiven eher nicht. Minuspunkte sind ebenfalls die fehlende Kont-
rolle über Belichtung und Schärfe. Die Rollei 35 AF macht tech-
nisch gesehen den ausgereifteren Eindruck und ist eher etwas
für Fotografen denn für Knipser. Anstrengend ist aber ihre Hand-
habung – das fängt beim Einlegen des Films an und hört bei der
Unübersichtlichkeit auf. Zudem ist der Lidar-Autofokus nett, aber
nicht fehlerfrei, weil er nicht kontrolliert werden kann.

www.rollei.de

www.pentax.eu

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